Tales of Mystery and Imagination

Tales of Mystery and Imagination

" Tales of Mystery and Imagination es un blog sin ánimo de lucro cuyo único fin consiste en rendir justo homenaje a los escritores de terror, ciencia-ficción y fantasía del mundo. Los derechos de los textos que aquí aparecen pertenecen a cada autor.

Las imágenes han sido obtenidas de la red y son de dominio público. No obstante, si alguien tiene derecho reservado sobre alguna de ellas y se siente perjudicado por su publicación, por favor, no dude en comunicárnoslo.

Showing posts with label Gustav Meyrink. Show all posts
Showing posts with label Gustav Meyrink. Show all posts

Gustav Meyrink: Der violette Tod



Der Tibetaner schwieg.

Die magere Gestalt stand noch eine Zeitlang aufrecht und unbeweglich, dann verschwand sie im Dschungel.

Sir Roger Thornton starrte ins Feuer: Wenn er kein Sannyasin — kein Büßer — gewesen wäre, der Tibetaner, der überdies nach Benares wallfahrtete, so hätte er ihm natürlich kein Wort geglaubt — aber ein Sannyasin lügt weder, noch kann er belogen werden.

Und dann dieses tückische, grausame Zucken im Gesichte des Asiaten!?

Oder hat ihn der Feuerschein getäuscht, der sich so seltsam in den Mongolenaugen gespiegelt?

Die Tibetaner hassen den Europäer und hüten eifersüchtig ihre magischen Geheimnisse, mit denen sie die hochmütigen Fremden einst zu vernichten hoffen, wenn der große Tag heranbricht.

Einerlei, er, Sir Hannibal Roger Thornton, muß mit eigenen Augen sehen, ob okkulte Kräfte tatsächlich in den Händen dieses merkwürdigen Volkes ruhen. Aber er braucht Gefährten, mutige Männer, deren Wille nicht bricht, auch wenn die Schrecken einer anderen Welt hinter ihnen stehen.

Der Engländer musterte seine Gefährten: — Dort der Afghane wäre der einzige, der in Betracht käme von den Asiaten — furchtlos wie ein Raubtier, doch abergläubisch!

Es bleibt also nur sein europäischer Diener.

Gustav Meyrink: J. H. Obereits Besuch bei den Zeitegeln



Mein Großvater liegt auf dem Friedhof des weltvergessenen Städtchens Runkel zur ewigen Ruhe bestattet. Auf einem dicht mit grünem Moos bewachsenen Grabstein stehen unter der verwitterten Jahreszahl, in ein Kreuz gefaßt und so frisch im Golde glänzend, als seien sie erst gestern gemeißelt worden, die Buchstaben:
V │ I
── ┼ ──
V │ O
»Vivo« das heißt: »ich lebe«, bedeute das Wort, sagte man mir, als ich noch ein Knabe war und das erstemal die Inschrift las, und es hat sich mir so tief in die Seele geprägt, als hätte es der Tote selbst aus der Erde zu mir empor gerufen.
Vivo – ich lebe – ein seltsamer Wahlspruch für ein Grabmal!
Er klingt heute noch in mir wider, und wenn ich daran denke, wird mir wie einst, als ich davor stand: ich sehe im Geist meinen Großvater, den ich doch niemals im Leben gekannt, da unten liegen, unversehrt, die Hände gefaltet und die Augen, klar und durchsichtig wie Glas, weit offen und unbeweglich. Wie einer, der mitten im Reiche des Moders unverweslich zurückgeblieben ist und still und geduldig wartet auf die Auferstehung.
Ich habe die Friedhöfe so mancher Stadt besucht: immer war es ein leiser, mir unerklärlicher Wunsch, auf einem Grabstein wieder dasselbe Wort zu lesen, der meine Schritte lenkte, aber nur zweimal fand ich dieses »vivo« wieder – einmal in Danzig, und einmal in Nürnberg. In beiden Fällen waren die Namen ausgetilgt vom Finger der Zeit; in beiden Fällen leuchtete das »vivo« hell und frisch, als sei es selber voll des Lebens.

Gustav Meyrink: Das Grillenspiel



»Nun?« fragen die Herren wie aus einem Munde, als Professor Goclenius rascher, als es sonst seine Gewohnheit war, und mit auffallend verstörtem Gesicht eintrat, »nun, hat man Ihnen die Briefe ausgefolgt? – Ist Johannes Skoper schon unterwegs nach Europa? – Wie geht es ihm? Sind Sammlungen mit angekommen?« – riefen alle durcheinander.
»Nur das hier«, sagte der Professor ernst und legte ein Bündel Schriften und ein Fläschchen, in dem sich ein totes, weißliches Insekt in der Größe eines Hirschkäfers befand, auf den Tisch, »der chinesische Gesandte hat es mir selbst mit dem Bemerken übergeben, es sei heute auf dem Umweg über Dänemark angekommen.«
»Ich fürchte, er hat schlimme Nachrichten über unsern Kollegen Skoper erfahren«, flüsterte ein bartloser Herr hinter der Hand seinem Tischnachbar zu, einem greisenhaften Gelehrten mit wallender Löwenmähne, der – wie er selbst, Präparator am naturwissenschaftlichen Museum – die Brille auf die Stirn geschoben hatte und mit tiefstem Interesse das Insekt in der Flasche betrachtete.
Es war ein seltsames Zimmer, in dem die Herren – sechs an der Zahl und sämtlich Forscher auf dem Gebiet der Schmetterlings- und Käferkunde – saßen.

Gustav Meyrink: Die Pflanzen des Dr. Cinderella

Gustav Meyrink


Siehst du, dort die kleine schwarze Bronze zwischen den Leuchtern ist die Ursache aller meiner sonderbaren Erlebnisse in den letzten Jahren.

Wie Kettenglieder hängen diese gespenstischen Beunruhigungen, die mir die Lebenskraft aussaugen, zusammen, und verfolge ich die Kette zurück in die Vergangenheit, immer ist der Ausgangspunkt derselbe: die Bronze.

Lüge ich mir auch andere Ursachen vor, – immer wieder taucht sie auf wie der Meilenstein am Wege.

Und wohin dieser Weg führen mag, ob zum Licht der Erkenntnis, ob weiter zu immer wachsendem Entsetzen, ich will es nicht wissen und mich nur an die kurzen Rasttage klammern, die mir mein Verhängnis frei läßt bis zur nächsten Erschütterung.

In Theben habe ich sie aus dem Wüstensande gegraben, – die Statuette, – so ganz zufällig mit dem Stock, und von dem ersten Augenblick an, wo ich sie genauer betrachtete, war ich von der krankhaften Neugier befallen, zu ergründen, was sie denn eigentlich bedeute. – Ich bin doch sonst nie so wissensdurstig gewesen!

Anfangs fragte ich alle möglichen Forscher, aber ohne Erfolg.

Nur ein alter arabischer Sammler schien zu ahnen, um was es sich handle.

»Die Nachbildung einer ägyptischen Hieroglyphe,« meinte er; und die sonderbare Armstellung der Figur müsse irgendeinen unbekannten ekstatischen Zustand bedeuten.

Ich nahm die Bronze mit nach Europa, und fast kein Abend verging, an dem ich mich nicht sinnend über ihre geheimnisvolle Bedeutung in die seltsamsten Gedankengänge verloren hätte.

Gustav Meyrink: Schöpsoglobin

Gustav Meyrink
I

Motto:
Dulce et decorum est pro patria mori.

Professor Domitian Dredrebaisel, der weltberühmte Bakteriologe, habe eine wissenschaftliche Entdeckung von geradezu verblüffender Tragweite gemacht, lief das Gerücht von Mund zu Mund, von Zeitung zu Zeitung.

Ein Umgestalten des Militärwesens – gewiß wohl –, vielleicht sogar einen völligen Umsturz alles Bestehenden auf diesem Gebiete werde man zu gegenwärtigen haben; – warum hätte denn sonst der Kriegsminister es gar so eilig gehabt, den berühmten Gelehrten zu sich zu bescheiden? – Hm? – hieß es allgemein.

Und gar erst, als sich herausstellte, daß sich bereits an den Börsen geheime Syndikate gebildet hatten, die Entdeckung auszubeuten und Professor Dredrebaisel eine große Summe vorzustrecken, um ihn eine dringend nötige Studienreise nach – – – – Borneo zu ermöglichen, da war des Mund- und Augenaufreißens kein Ende mehr.

... »Bitt' Sie, wie kommt Borneo zum Kriegsminister«, hatte gestikulierend der Herr Galizenstein, der angesehene Börsianer und Verwandte des Gelehrten gesagt, als man ihn eines Tages interviewte, – »wie kommt Borneo zum Kriegsminister!?!! Wo liegt überhaupt Borneo?«

Silbe für Silbe brachten am nächsten Tage die Zeitungen diese so sympathischen Worte des weitblickenden Finanzmannes und sie fügten noch hinzu, daß ein Experte der amerikanischen Regierung, Mr. G. R. S. Slyfox M. D. und F. R. S., soeben in Audienz bei Professor Dredrebaisel empfangen worden sei.

Natürlich steigerte sich die Neugier des Publikums bis zur Fieberhitze.

Spürnasen bestachen die Schreiber im Kriegsministerium, um Genaues über die eingereichten neuen Erfindungen usw. zu erfahren, und förderten dadurch oft ein Material zutage, das dem rastlosen Streben, das Militärwesen immer noch mehr und mehr zu vervollkommnen, wieder einmal das glänzendste Zeugnis ausstellte. – – Ganz neuartig, so urteilten Fachkreise, sei zum Beispiel eine vorgeschlagene sinnreiche Einrichtung, das Funktionieren des »Train« in Kriegs- und Manöverfällen betreffend, die es ermögliche, den bisher erzielten Erfolgsprozentsatz von Null auf das Fünffache (!!) zu erhöhen.

Gustav Meyrink: Das verdunstete Gehirn

Gustav Meyrink

Hiram Witt war ein Geistesriese und als Denker gewaltiger und tiefsinniger noch als Parmenides. Offenbar, – denn über seine Werke sprach überhaupt nicht ein einziger Europäer.

Daß es ihm schon vor zwanzig Jahren gelungen war, aus animalischen Zellen unter dem Einfluß des magnetischen Feldes und durch mechanische Rotation vollständig ausgebildete Gehirne auf Glasplatten wachsen zu lassen, – Gehirne, die, nach allem zu schließen, sogar selbständig zu denken vermochten, – hatte zwar hie und da in Zeitungen gestanden, – wissenschaftliches, tieferes Interesse aber hatte es nicht geweckt.

Derlei Dinge passen auch gar nicht in unsere Zeit. Und dann, – was sollte man in Deutsch sprechenden Ländern mit selbständig denkenden Gehirnen?!

Als Hiram Witt noch jung und ehrgeizig war, hatte er fast jede Woche ein oder zwei der von ihm mühsam erzeugte Gehirne in die großen wissenschaftlichen Institute geschickt, – man möge sie prüfen, – sich äußern über sie! Das war denn auch gewissenhaft geschehen; – der Wahrheit die Ehre.

Man hatte die Dinger in gläsernen Dosen warm gestellt, ihnen sogar von dem berühmten Gymnasialprofessor Aurelian Fließpapier gründliche Vorträge über Häckels Welträtsel halten lassen – auf die Einmischung einer hohen Persönlichkeit hin natürlich –, aber die Resultate waren derart unerfreulicher Natur gewesen, daß man von weiteren Bildungsversuchen abzusehen sich fast gezwungen sah. Man denke nur: schon bei Einleitung des Vortrages waren die meisten Gehirne unter lautem Knall geplatzt, andere wieder hatten ein paarmal wild gezuckt, waren alsbald unauffällig krepiert und hatten dann gräßlich gestunken.

Ja, eines sogar, ein starkes lachsfarbenes Exemplar, soll sich blitzschnell umgedreht, seine gläserne Dose gesprengt haben und die Wand hinaufgeklettert sein.

Tales of Mystery and Imagination